PL im Mathe-Abi – Sollte ich das machen?

Photo von einem Tablet. Auf dem Bildschirm steht: Profitkalkulation einer Fluggesellschaft auf der Basis von Überbuchungen, Präsentationsleitung, Angela Carstensen, achter neunter 2025, als Beispiel für eine PL im Mathe-Abi

Jetzt geht auch in Hamburg und Schleswig-Holstein das neue Schuljahr los. Und das ist eine gute Zeit für Abiturient:innen, um zu planen. Vor allem in der Frage, ob sie eine PL im Mathe-Abi halten sollten oder nicht.

Weil ich inzwischen in meinen mehr als zehn Jahren Mathenachhilfe eine Menge unterschiedlicher Geschichten mitbekommen habe, teile ich in diesem Artikel meine Sicht auf das Thema. Und ich hoffe, dass er möglichst vielen Menschen hilft, eine für sie passende Wahl zu treffen.

Was ist eine PL?

Die Frage beschäftigt viele meiner Schüler:innen: Sollte ich eine Präsentationsleistung wählen? Zumindest in Hamburg und Schleswig-Holstein gibt es für die mündliche Prüfung diese Option neben der sogenannten „klassischen“ Variante.

Bei der klassischen Prüfung bekommst du deine Aufgaben am Prüfungstag. Nach dreißig Minuten Vorbereitung wirst du dann zwanzig Minuten lang befragt. Es geht nicht darum, dass du alles perfekt beantwortet haben sollst, sondern um ein Gespräch über die Strategien und Zusammenhänge.

Für die PL bekommst du die Aufgaben ein paar Wochen früher. Sie sind deutlich offener formuliert, damit du darauf aufbauend eine Präsentation gestalten kannst. Am Prüfungstag hältst du zuerst deinen Vortrag, im Anschluss werden dir dazu und darüber hinaus Fragen gestellt. Auch hier ist das Ziel, dass du zeigst, dass du in der Oberstufe aufgepasst und dir mathematisch plausible Gedanken gemacht hast,

In beiden Fällen kommen aus Stochastik, Vektorrechnung und Analysis zwei Bereiche dran. Dabei sollst du keine kleinteiligen Berechnungen vortragen, sondern eher begründen, warum du diesen oder jenen Lösungsweg gewählt hast. Und was das Ergebnis im Sachzusammenhang bedeutet.

Warum ist die Präsentationsleistung im Abi so beliebt?

Viele meiner Schüler:innen machen nicht freiwillig Mathe im Abi. Bei den meisten hängt es am Profil oder sie möchten die Prüfung in einem Fach vermeiden, das sie noch weniger mögen als Mathematik. Ich habe in einem früheren Artikel erklärt, warum Mathe so unpopulär ist.

Dies sind die Gründe, die für eine PL im Mathe-Abi sprechen:

  • Du hast für den Einstieg in die Prüfung schon ein solides Fundament vorbereitet.
  • Du kannst in aller Ruhe und in deinem Tempo recherchieren und Ideen sammeln.
  • Viele der Fragen beziehen sich auf das, was du vorher (im Idealfall) gründlich vorbereitet hast.
  • Die Gefahr eines Blackouts scheint deutlich geringer.

Wenn die Matheprüfung angstbesetzt ist, wirkt die PL wie eine Art Rettungsring. Außerdem scheint er vielen eine bessere Note zu versprechen.

Was vorher nicht klar ist

Eine PL im Mathe-Abi kann überraschend deprimierend enden. In den letzten Jahren habe ich bei vielen Schüler:innen beobachtet, dass sie nach wochenlanger Vorbereitung und mit wirklich präsentablen Folien am Ende bei 0 bis 3 Punkten gelandet sind. Da stehen Aufwand und Ergebnis in einem traurigen Verhältnis.

Hier die Nachteile, die in der Natur der PL liegen:

  • Die Aufgaben für Präsentationsleistungen sind generell fachlich anspruchsvoller.
  • Auch die Anschlussfragen haben im Allgemeinen ein deutlich höheres Niveau.
  • Es ist nicht garantiert, dass du mit deiner Bearbeitung richtig liegst. Dann hältst du eventuell einen Vortrag, der deine Note von vorneherein runterzieht.
  • Es ist schwierig einzuschätzen, welche Erwartungshaltung der Lehrkraft hinter der Aufgabe steckt. Sie dürfen dir dabei auch nicht helfen.
  • Im Schulalltag wird meistens nicht gründlich genug trainiert, Vorträge zu halten. Daher enden viele PLs ohne roten Faden und mit Folien voller überflüssiger Rechenschritte.
  • Wer den Vortrag nicht ausreichend vor Publikum übt, fällt am Prüfungstag oft auf die Nase. Und ausreichend bedeutet: So oft, bis das Sprechen nicht mehr stockt. Lieber einmal mehr, als einmal zu wenig.
  • Genauso ist es ein Problem, sich nicht schon vorher zu überlegen, welche Fragen gestellt werden könnten.

Der Unterschied im Anspruch zwischen PL und klassisch wird oft unterschätzt. Es ist keine gute Idee zu glauben, mit der Vorbereitung sei die Prüfung so gut wie erledigt.

Ich habe auch Schüler:innen erlebt, die in einer PL sehr erfolgreich waren. Deren Noten waren aber meistens auch vorher schon gut bis sehr gut und ihre größte Schwierigkeit war nicht die Mathematik, sondern höchstens die normale Prüfungsnervosität.

Die PL im Mathe-Abi aus meiner Sicht

Auch Lehrkräfte sind Menschen

Neben den grundsätzlichen Haken an der PL gibt es auch Schwierigkeiten im menschlichen Bereich. Damit will ich nicht sagen, dass dir irgendjemand persönlich bewusst schaden will. Allerdings habe ich mit den Jahren ein paar Eindrücke gesammelt, die für deine Entscheidung wichtig sind.

  • Viele Lehrkräfte sind nicht begeistert, wenn jemand sich für eine PL entscheidet. (Das gilt auch in anderen Fächern.) Sie sind auch nur Menschen und dann im Voraus bei aller Professionalität negativ vorgestimmt.
  • Du unterschreibst zwar, dass du die Präsentation ohne Hilfen erstellt hast. Allerdings ist das kaum zu 100% nachprüfbar, gerade in Zeiten von ChatGPT. Bei Schüler:innen mit schwachen Vornoten schwingt immer der Verdacht mit, dass die PL keine eigene Leistung ist.
  • Diejenigen, die wirklich ihre Präsentation nicht selbst erarbeitet haben, fallen im Fragenblock durch unangenehm große Wissenslücken auf. Und dann wird auch eine eventuell gute Präsentation nicht im Sinne des Prüflings gewertet.
  • In manchen Fällen ist die Aufgabe schwierig oder schwammig formuliert. Dann kämpfst du dich zwei Wochen lang damit ab und bist zum Prüfungstag eventuell total entmutigt. Also das Gegenteil von dem, was du erreichen wolltest.
  • In manchen Fällen wird die Aufgabe auf einem sehr niedrigen Niveau formuliert. Dann ist es kaum möglich, aus dem unteren Notenbereich heraus zu kommen.

Eigentlich sollte allerdings der Notenrahmen vor der Prüfung nicht feststehen. In der bundesweiten Rechtsgrundlage heißt es:

„Die Aufgabenstellung muss einen einfachen Einstieg erlauben und muss so angelegt sein, dass unter Beachtung
der Anforderungsbereiche, die auf der Grundlage eines Erwartungshorizontes zugeordnet werden, grundsätzlich jede
Note erreichbar
ist.“

Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18.10.2012 (PDF)

Ein Beispiel aus meiner Praxis

Eine Anekdote aus dem Abi-Durchgang 2025: Einer meiner Schüler hatte ein paar Monate früher schon einmal eine Präsentation gehalten, die eine KI für ihn geschrieben hatte. Der Lehrer konnte das nicht beweisen und war sehr verärgert. Im Anschluss meldete der Schüler eine PL im Mathe-Abi an. Er erhielt eine Aufgabe, die auf Oberstufenniveau praktisch unlösbar war.

An der Stelle hätte der Schüler schon merken können, dass etwas schräg lief. Er hat mir dann erzählt, dass er auch diese Präsentation per ChatGPT gelöst hat. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Welches Ergebnis er damit erreicht hat, weiß ich nicht.

Bei anderen Schüler:innen war allerdings im Nachhinein die Begründung für eine mangelhafte Note, dass die gewählten Funktionsbeispiele auf einem zu niedrigen Niveau waren. Dagegen lässt sich auch nur schwierig argumentieren.

Der erwähnte Schüler ist natürlich ein Extrembeispiel. Allerdings hilft es, sich in die Lage der Lehrkräfte hinein zu versetzen. Sie können sich nicht sicher sein, dass die Aufgaben ohne Hilfe bearbeitet werden und haben obendrein mehr Aufwand mit PLs. Der steigende Einfluss von KIs ist noch eine zusätzliche Belastung der Situation.

Deine Entscheidung zur PL im Mathe-Abi

Was solltest du also für deine mündliche Matheprüfung wählen? Wichtig ist, dass du die von mir aufgelisteten Vor- und Nachteile einer PL gut abwägst.

  • Unterhalte dich mit Menschen, die im Jahrgang vor dir eine mündliche Prüfung auf Basis einer PL gehalten haben.
  • Unterhalte dich mit Menschen, die im Jahrgang vor dir eine klassische Prüfung gehalten haben.

Solltest du dich für eine PL im Mathe-Abi entscheiden, kläre vorher diese Fragen:

  • Wenn dein:e Lehrer:in dir von einer PL abrät, frage genau nach den Gründen.
  • Kläre genau, welche Bereiche in deiner Prüfung vorkommen werden.
  • Kläre genau den zeitlichen Ablauf: Erteilung der Aufgabe, Einreichen des Exposés, Prüfungsdatum, Dauer des Vortrages, Dauer des Fragenblockes.
  • Kläre, wie viele Seiten minimal und maximal das Exposé haben soll und was dabei inhaltlich konkret von dir gefordert wird.
  • Lies die Prüfungsverordnung für dein Bundesland. Ich mag selbst Rechtstexte nicht sehr gerne und weiß, wie trocken die sind. Es lohnt sich trotzdem. Wenn du Nachfragen hast, wende dich an deine Lehrkräfte.

Wie auch immer du dich entscheidest: Das Wichtigste ist eine gute Vorbereitung. Und damit meine ich nicht nur die Mathematik. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, dich mental auf das Abitur vorzubereiten. Wie das aussieht, liegt bei dir persönlich. Ich habe in einem früheren Artikel über die Vorbereitung auf das Mathe-Abi gebloggt, dort findest du einige Ideen.

Fazit: Triff eine wohlüberlegte Entscheidung

Ich finde nach wie vor die Präsentationsleistung eine sinnvolle Option. Persönlich hätte ich mich wohl auch dafür entschieden, um mir Stress zu ersparen. Nur muss vorher klar sein, welche Erwartungen des Prüfungskomitees daran hängen. Auf keinen Fall solltest du davon ausgehen, dass du auf diese Weise automatisch leichter an eine gute Note kommst.

Wenn du schon mit dem Abi fertig bist: Ob du eine PL im Mathe-Abi gehalten oder dich für die klassische Prüfung entschieden hast: Ich würde mich über deinen Erfahrungsbericht sehr freuen, um meine Schüler:innen noch besser beraten zu können.

Und jetzt wünsche ich einen schönen und möglichst entspannten Start in das neue Schuljahr!

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