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Blog your Purpose: Eine Reihe verschiedenfarbiger Gießkannen auf dem Boden. Im Hintergrund ist eine Schuppenwand aus Holz, davor ein Hochbeet mit Kletterpflanzen

Meine Bestimmung: Wurzeln gießen

In vier Tagen zur Bestimmung, das klingt sportlich. Judith Sympatexter Peters hatte wieder eine spannende Idee – und hier sitze ich nun und denke über meine Bestimmung nach. Oder wie sie es nennt: Meinen Purpose.

Was war eigentlich mein Jahresmotto für 2023? Wie praktisch, dass ich dafür einfach in meinen Rückblick auf das Jahr 2022 gucken kann:

Ich gieße meine Wurzeln.

Angela, Dezember 2023

Und das hat eine Menge mit dem Thema zu tun, wofür ich hier bin und wie ich diese Bestimmung leben kann.

In diesem Blogpost denke ich darüber nach,

  • was ich ursprünglich für meine Bestimmung gehalten habe
  • was Menschen ausmacht, die in meinen Augen ihre Bestimmung leben
  • was ich im Leben bewirken möchte
  • was ich der Welt hinterlassen möchte (und was nicht)
  • und wie ich das alles möglichst passend unter einen Hut bekomme.

Was glaubte ich früher über meine Bestimmung?

Mein ursprünglicher Plan als Kind und Jugendliche? Ich wollte „einfach nur“ die Welt retten. Umwelttechnik studieren und dann würde es schon losgehen.

Offensichtlich habe ich nicht Umwelttechnik studiert. Genausowenig bin ich mit der Weltrettung durch. Stattdessen habe ich immer wieder und oft das Gefühl, mich zwischen vielen Anliegen aufzuhängen. Zwischen Anspruch und Bedürfnissen zieht sich im Kopf immer wieder die Handbremse an.

Die Menschen, die ich immer dafür bewundert habe, wie bestimmt sie ihr Leben führen, haben den Kern meines Plans verkörpert: Sie hatten große Ideen, diese mit viel Engagement umgesetzt und damit viel erreicht.

Vorbilder in Sachen Bestimmung

Wie sieht das überhaupt aus, wenn Menschen ihre Bestimmung gefunden haben? Mir sind für diesen Blogartikel viele Beispiele eingefallen, die auch alle ein bisschen mit dem zu tun haben, was ich gerne in der Welt bewirken möchte:

Ernährungswende

Saskia Meyer ist Ernährungswissenschaftlerin. Aus Sorge um die Zukunft ihres Neffen hat sie zunächst das Projekt FOODerstand mitgegründet, indem es um „Ernährungsbildung für alle“ geht, und zwar ausgerichtet auf Gesundheit und Nachhaltigkeit.

Ich habe sie einmal für unsere Pandemieaufklärungsgruppe interviewt und war von ihrem Fokus sehr beeindruckt.

Kinder mit Lernproblemen

Susanne Seyfried ist Expertin für LRS, Rechenschwäche und Lernschwierigkeiten. Sie ist mir schon beim Jahresrückblick 21 aufgefallen.

Als ihre Tochter in der Grundschule Probleme mit dem Rechnen hatte konnte das System keine wirksame Hilfe anbieten. Also hat sie sich beruflich ganz neu orientiert.

Heute ist sie Autorin, gibt Kurse und begleitet international Schulen. Ich bewundere, mit welcher Energie sie diese wichtige Aufgabe erfüllt.

Comedy über Misstände

John Oliver und Samantha Bee sind beide im Bereich Comedy gestartet. Beide greifen jeweils auf satirische Weise Misstände auf. Nicht nur das, sie stellen dabei auch Veränderungsmöglichkeiten vor. Viele Menschen erfahren überhaupt erst durch diese Sendungen über manche gesellschaftliche Probleme.

Leider wurde Samanthas Show aus Spargründen abgesetzt. Die deutliche Wirkung auf politische Entscheidungen wird tatsächlich John-Oliver-Effekt genannt: Was zunächst wie lustige Unterhaltung aussieht, setzt oft ganz reale und teils dramatische Verbesserungen in Gang.

Klimaschutz

Luisa Neubauer ist bekannt für ihren Einsatz für das Klima. Wie kam es, dass sie schon in so jungen Jahren anscheinend ihre Bestimmung gefunden hat? Auf jeden Fall hat ihr neben der hohen Motivation, eine lebenswerte Zukunft mitzugestalten, eine große Portion Unbeirrbarkeit weitergeholfen.

Mitgefühl

Die letzte Person auf meiner Liste ist Colleen Patrick Goudreau. Sie ist auch als „The Joyful Vegan“ bekannt.

In ihren Zwanzigern wurde sie selbst vegan. Später realisierte sie in Gesprächen mit Mitmenschen, wie sie ihre Fähigkeiten und Interessen sinnvoll einsetzen konnte. Und wie sie dadurch Anderen den Zugang zum Leben im Einklang mit den eigenen Werten erleichtern konnte.

Unter anderem schreibt sie Bücher, gibt Kochkurse und hat einen Podcast. Ihre Haltung basiert auf dem Stoizismus, dazu möchte ich sie zitieren:

„I’m responsible only for speaking my truth and sowing the seeds that others may one day reap. I strive to have no attachment to what people do with the information I provide. Their journey is their own, though I am grateful to be a messenger along the way. That’s all any of us are.“

Colleen Patrick Goudreau

Was sind die Gemeinsamkeiten?

Alle diese Menschen haben

  • ein starkes Warum
  • jeweils eine Entscheidung getroffen
  • eine Gelegenheit ergriffen
  • sich mutig und entschlossen nicht beirren lassen

Wie passt das zu meiner Bestimmung?

Ich blicke auf fast 50 Jahre Leben zurück. Da gab es schon Situationen, in denen ich mutig war. Ich habe mehrfach entschieden Gelegenheiten ergriffen.

Insgesamt bin ich gleichzeitig nicht der Mensch für die ganz große Bühne. Ich gestehe mir auch inzwischen zu, dass ich nur begrenzte Mengen an Energie und Kapazität für soziale Interaktion habe.

Die Vorstellung, mit Luisa Neubauer zu tauschen, macht mir Beklemmungen. Ich könnte alleine die Anfeindungen nicht so wegstecken und möchte auch nicht häufig auf der Straße erkannt und angesprochen werden.

Genauso wäre für mich ein Tausch mit Saskia Meyer unrealistisch. So gerne ich auch eine große Heldin in der Weltgeschichte wäre: Dass ich bisher keine Vollzeitaktivistin geworden bin, hat Gründe. Der Burnout wäre vorprogrammiert.

Ist mein Warum eventuell nicht stark genug? Wenn es das nicht wäre, würde mich das Thema Bestimmung sicherlich nicht so umtreiben.

Habe ich Gelegenheiten an mir vorbeiziehen lassen? Vermutlich. Vielleicht habe ich auch manche Gelegenheit gar nicht erst wahrgenommen. Vielleicht ist mir auch nicht bewusst genug, an welchen Stellen ich Gelegenheiten ergriffen habe.

Eins meiner Dauerbrennerthemen ist immer noch: Entscheidungen zu treffen. Wenn ich mich mit Fokus und Energie für ein Anliegen entscheide, bin ich für andere Dinge nicht mehr verfügbar.

Will ich dann später einmal sagen, ich bin vor lauter Unentschlossenheit leider nicht zum Weltretten gekommen? Wann wird das Ringen um Prioritäten zur Ausrede? Wann werden Selbstvorwürfe, jetzt endlich mal Klarheit zu schaffen, zur Selbstblockade?

Judiths Leitfragen waren: Was möchte ich bewirken? In was will ich ein Vorbild sein? Was will ich als mein Vermächtnis hinterlassen?

Was möchte ich bewirken?

1. Selbstfürsorge als Bestimmung

bestimmung: Eine Pinnwand voller bunter Bilder und kurzer Texte auf Papierstückchen
Mein Prioritätenboard

Meine allererste Verantwortung ist mir selbst gegenüber. Die bekannte Geschichte von den Sauerstoffmasken im Flugzeug. Wenn ich nicht auf mich selbst achtgebe, kann ich nichts nachhaltig bewirken.

Dazu gehört es meinen Energiehaushalt und meine Kapazität für soziale Interaktion im Auge zu haben. Gleichzeitig aber mein Bedürfnis nach einer besseren Welt nicht auf ewig zu vertagen.

Ein Schlüssel ist die Erkenntnis, dass ich meine Bestimmung selbst bestimme. Darin liegt viel Verantwortung, aber auch viel Freiheit.

Ein weiterer Schlüssel liegt in einer Art Schieberegler zwischen Nichtstun und Vollgas. Ich muss nicht jeden Tag gleichermaßen vorbildlich wirksam sein und auch nicht immer einen gleich großen Personenkreis ansprechen.

Ich will für mich diesen Schieberegler finden, ihn kennen lernen und immer besser einstellen können. Und damit Vorbild sein für andere, die vielleicht auch zwischen ihren Zielen und Träumen hängen. Die glauben, wenn nicht mindestens ein TEDx-Vortrag dabei rumkommt, können sie es auch lassen.

Meine Blogartikel der Kategorien „Selbstfürsorge“ und „Ich und die Welt“ sind erste Schritte in diese Richtung.

Alle anderen Bestimmungen bauen auf diesem Fundament auf.

2. Wissen macht Wow und Zukunft.

BEstimmung: Ein Bild von mir, auf dem ich ein Star Trek Fanshirt trage und einen selbstgebastelten Papierstern in der Hand halte und betrachte
Der Zauber der Mathematik

Vor einer Weile schrieb ich: Mathematik hat einen unverdient schlechten Ruf. Dazu kommt noch eine steigende Skepsis gegenüber (Natur)wissenschaften. Oft werden Bauchgefühle und Meinungen als mindestens gleichwertig diskutiert.

Es gibt natürlich Zusammenhänge, in denen Gefühle und Ansichten sehr wichtig und relevant sind. Im Angesicht der diversen Krisen, die sich aktuell stapeln, helfen sie nicht weiter.

Ich sehr oft, wie Menschen sich dabei verzetteln und nicht ins langsam wirklich dringend nötige Handeln kommen. Meinungen und Gefühle sind ein Ansatzpunkt, um Menschen abzuholen. Wirksame und sinnvolle Überlebensstrategien kann ich davon nicht ableiten.

Ich will in meinem Einflussbereich Menschen dazu bringen, dass Wissen wieder einen Wow-Effekt für sie hat. Dass Lernen praktisch unabhängig vom Fach etwas Bereicherndes ist. Dass sie merken, wie viel Selbstwirksamkeit dadurch entsteht, dass sie die Vernetzung natürlicher Prozesse verstehen.

Ich will in meinem Einflussbereich Menschen dazu befähigen, dass sie unser aller Zukunft mitgestalten können. Wenn wir damit nicht möglichst bald möglichst konkret anfangen, könnte es für die Menschheit knapp werden.

Und auch hier will ich einen Schieberegler finden, der mir hilft, meine Einflussbereich zu erweitern. In einem Maß, das für mich nachhaltig ist und das gleichzeitig eine Wirkung auf die Welt hat, mit der ich zufrieden bin.

3. Unser Umgang mit Tieren

Bestimmung: Ich stehe in der Hamburger Innenstadt und spreche mit einem Mann, der von hinten zu sehen ist. Im Hintergrund stehen zwei Menschen und halten Fernsehbildschirme. Was diese Schirme anzeigen, ist unscharf gestellt, genauso die Gesichter der anderen Personen
Im Gespräch mit interessierten Mitmenschen

Wir teilen den Planeten mit vielen anderen Lebensformen. Diese anderen Wesen haben ihre eigenen Bedürfnisse. Nicht nur das, wir als Menschen sind viel mehr auf ein funktionierendes Netzwerk angewiesen, als unser Umgang mit der Erde vermuten lässt.

Besonders im Umgang mit Tieren handeln wir als Menschheit letztlich gegen unsere eigenen Interessen. Und viele von uns spüren, dass da etwas grundlegend nicht in Ordnung ist. Dass ihr persönliches Verhalten nicht im Einklang mit ihren Werten ist. Die entstehende kognitive Dissonanz raubt uns allen sehr viel Energie. Und sie sorgt unter Menschen für

Und das ist nur der Anfang der Probleme. Unser Umgang mit Tieren erfordert große Mengen an Ressourcen wie Land und Wasser. Wir befördern damit die Klimaerhitzung und die Entstehung zukünftiger Pandemien.

Ich will möglichst viele Menschen berühren und mit ihren Werten in Kontakt kommen lassen. Passend zu meiner Bestimmung als Vermittlerin von „Wissen macht Wow“ will ich bewirken, dass möglichst viele Menschen zusätzlich verstehen, was die Konsequenzen der aktuellen Tierhaltung sind.

Am wirkungsvollsten erlebe ich mich dabei in 1:1 Gesprächen auf der Straße. Einen größeren Einflussbereich habe ich mit der Gruppe „Menschen Tiere Pandemien“. Bei beidem merke ich, dass ich ein großen inneres Bedürfnis nach „mehr“ habe und gleichzeitig noch selbst die Handbremse angezogen habe.

Gerade weil ich nicht darauf angewiesen bin, diese Bestimmung zu monetarisieren, liegt für mich persönlich hier noch viel Potential. Hier habe ich noch viel Möglichkeit, wirksamer zu werden und die Gelegenheit, meiner Seele etwas Gutes zu tun. Und damit bin ich wieder bei der Selbstfürsorge. Vielleicht ist es doch alles nicht so schwer wie befürchtet? 😉

Was will ich als Selbstfürsorgerin, Wowvermittlerin und Sprecherin für die Tiere hinterlassen?

Ich will tatsächlich eine bessere Welt hinterlassen. Durch meine Anwesenheit und mein Wirken, und zwar konkret und erreichbar:

  • Menschen, die mehr im Einklang mit sich selbst sind.
  • Menschen, die auf der Basis solider Fakten nachhaltig handeln und daraus ein positives Lebensgefühl entwickeln.
  • Meinen Beitrag zu einem Planeten, auf dem auch in Zukunft Menschen noch gut leben können. Vernetzt mit allen anderen Lebewesen.

Für mich haben sich gerade einige Kreise geschlossen: Weltrettung kann sehr unterschiedlich verstanden werden. In der Welt etwas zu bewirken, ist manchmal Selbstfürsorge pur. Und gerade mein persönlicher Hang zum Zusammenführen von Faktenwissen und Empathie ist der ideale Startblock für das bereichernde Leben meiner Bestimmungen.


Wie sieht es bei dir aus, hast du eine Vorstellung davon, wofür du hier bist? Oder was du als deinen Purpose selbst bestimmst? Wie sorgst du dafür, dass deine Wurzeln immer angemessen gegossen sind? Und was möchstest du einmal hinterlassen?

Ich jedenfalls gehe jetzt erstmal in meinen Garten und pflanze ein paar Blumen.


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Kommentare

7 Antworten zu „Meine Bestimmung: Wurzeln gießen“

  1. Große Klasse! Wir haben Einiges gemeinsam und können die Welt auch in kleinen Etappen retten. Einfach regelmäßig gießen. Dein Gießkannen-Bild gefällt mir sehr gut.

    Lieber Gruß
    Luise

    1. Das war eigentlich für den Rückblick auf den Mai gedacht. Wir haben ein Bildungszentrum in der Nähe besichtigt, das Umwelthaus Pinneberg. Ich fand diese Regenbogengießkannen so fröhlich 🙂

      Dir auch liebe Grüße und danke fürs Lesen!

      Angela

  2. Um die Welt zu retten dürfen wir immer wieder bei uns selbst ansetzen. Da haben wir den größten Hebel. Von deiner Selbstverantwortung können sich einige eine Scheibe abschneiden und lernen. Ein wichtiges Vorbild, wie ich finde. Ich habe vor vielen Jahren das Buch „Peace Food“ gelesen und habe es verschlungen. Es hat mein Leben damals komplett auf den Kopf gestellt. Allerdings wäre es nie meine Bestimmung gewesen. Es war mir für mich einfach sehr wichtig und ich habe vorgelebt, was ich wichtig und richtig fand. Das ist viel, liebe Angela

    1. Liebe Sandra,
      das Buch setze ich dann mal auf meine Leseliste 🙂 Danke fürs Lesen und Kommentieren!
      Angela

  3. Liebe Angela, wow! Ich finde, du bringst das Dilemma zwischen Bestimmung haben und Bestimmung leben und warum vielleicht doch nicht super auf den Punkt.
    Besonders hat mir auch der Abschnitt zum Wissen macht Wow gefallen. Es wird immer wichtiger, Zusammenhänge zu begreifen und Wissen oder auch Lernen nicht nur als notwendiges Übel zu sehen.
    Danke für den Beitrag!

    1. Liebe Ulrike,
      vielen Dank für deinen Kommentar!
      Angela

  4. […] glaube ich nicht, dass mein Leben ohne Müllbeutel die Welt rettet. Oder dass ich deswegen ein besserer Mensch bin. Ich finde es nur schwer nachvollziehbar, warum ein […]

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