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Herbstanfang: schwarz-weiße Zeichnung einer stilisierten Balkenwaage. Auf der einen Seite liegen ein paar Kugeln in der Schale, auf der anderen Seite eine Pfauenfeder. in den beiden unteren Ecken des Bildes sind Eichenblätter.

22. September: Herbstanfang

In Dankbarkeit ernten und loslassen

Gestern habe ich zum ersten Mal wieder bewusst wunderschönen Morgennebel wahrgenommen. Es ist nicht zu leugnen: Am 1. September war der meteorologische Herbstanfang. Jetzt beginnt er auch auf astronomischer Ebene.

Die Temperaturen sinken und so allmählich beginnen die Blätter in Rot- und Goldtönen zu leuchten. Das ist die Zeit, in der ich regelmäßig die morgens angezogene lange Hose irgendwann über den Tag bereue.

Die Herbsttagundnachtgleiche liegt auf der Erdbahn dem Frühlingsäquinoktium gegenüber. Der lichte Tag und die Nacht sind also wieder gleich lang, die Änderungsrate der Sonnenstunden wieder am größten. Die Nordhalbkugel der Erde betritt die dunklere Jahreshälfte, allerdings wird die tägliche Zunahme der dunklen Zeit ab heute wieder stetig kleiner.

Das Obst wird reif

War zum 1. August die Getreideernte aktuell, so liegt zum Herbstanfang in meinem Bewusstsein der Schwerpunkt auf Obst, wie zum Beispiel Äpfel, Birnen, Pflaumen und Holunderbeeren. Manche Pflanzen in meinem Garten haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Zum Beispiel hängen noch ein paar tapfere grüne Tomaten am Strauch. Die Sonnenblumen vor der Tür sind tatsächlich erst kurz vorm Aufblühen.

Auch ich selbst frage mich, was ich jetzt noch anfangen oder weiterführen will und welches Laub ich vielleicht einfach zum Abschied rot leuchten lassen möchte, welche Früchte nicht mehr reif werden müssen. Und welche Ernte ich wie für die dunkle Zeit haltbar machen kann, im realen Sinn genau wie im übertragenen.

Mythen und Traditionen zum Herbstanfang

Ganz sicherlich ist jetzt eine Zeit für Dankbarkeit, einen Rückblick auf das, was uns dieses Jahr geschenkt wurde. In der jüdischen Tradition fällt Sukkot, das „Fest des Einsammelns“ (neben der zweiten Bedeutung als Laubhüttenfest), in die Zeit um den Herbstanfang. Weltweit war für die Menschen in früheren Zeiten noch viel mehr als heute die Fülle dieser Jahreszeit existenzentscheidend. In diversen Mythen wandelt eine Vegetationsgottheit jeweils vom Frühlingsanfang bis zum Beginn des Herbstes auf der Erde. Danach kehrt sie in die Unterwelt zurück. Eine ähnliche Tendenz ist bei Pflanzen zu beobachten, die in der helleren Jahreshälfte sprießen, blühen, Früchte tragen und sich am Ende dieser Phase teils ganz wieder unter die Erde zurückziehen.

Auch wir Menschen verbringen im Frühling und Sommer tendenziell mehr Zeit draußen. Wir werkeln im Garten, genießen die Sonne, gehen draußen baden. In der dunkleren Jahreszeit machen wir es uns zu Hause gemütlich, ordnen Vorräte und ziehen Bilanz. Traditionell steht bald das kirchliche Erntedankfest an, das sich am Festtag Michaelis orientiert, dem 29. September. An diesem Tag wurde offiziell die Saison für die Arbeit bei Kunstlicht gefeiert, entsprechend der Bauernregel „Der Michel zündt’s Licht an“.

Balance zwischen Aufwand und Ergebnis

Eines der Attribute Michaels ist übrigens die Seelenwaage, eine weitere Verbindung zum Titelbild meines aktuellen Beitrags. Denn das Symbol für Balance bedeutet immer auch ein Abwägen. In der Chemie und Physik gelten die Gesetze der Erhaltung von Energie, Impuls und Masse. Im übertragenen Sinn, aber auch im eigenen Garten empfinden wir das manchmal ein bisschen anders.

Bei manchen Projekten steht eine große Anstrengung eher bescheidenem Erfolg gegenüber. Bei anderen ist es umgekehrt und manchmal hält sich beides die Waage. Natürlich verschwindet auch hier weder Materie noch Energie auf magische Weise, nur sehen wir nicht bewusst, wo genau sie landen.

Wie sieht es bei dir aus?

Wie zeigt sich aktuell die Natur dort, wo Du lebst? Wie bereiten sich Tiere eventuell schon auf den Winter vor? Welche Äcker, Bäume und Sträucher sind vielleicht noch nicht abgeerntet? Wie ist es bei Dir in diesem Jahr gelaufen? Was hast Du geerntet, was hattest Du erhofft? Wo hast Du weniger investieren müssen als gedacht, wo war das Resultat reicher als erwartet? Wofür bist Du dankbar? Was willst Du haltbar machen? Und was kannst Du leichten Herzens loslassen? Wie leicht fällt es Dir, den Sommer zu verabschieden und Dich auf die Kerzenscheinjahreszeit einzulassen.

Hier habe ich eine Meditation zum Thema Ernten und Bilanzziehen hochgeladen. Vielleicht ist es ja noch einmal tiefgehender, die Fragen zum 1. August in einer anderen Weise auf sich wirken zu lassen.

Dieser Artikel bezieht sich übrigens auf diesen Hauptblogpost. Im Laufe des Jahres 2020 werde ich für jeden Termin einen weiteren Artikel dazu fügen. Sei also gespannt auf den 1. November!


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