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Was kann Coaching: Photo von einer farblosen Glasflasche mit einer leuchtend goldenen Flüssigkeit darin

Was kann Coaching?

Mein Erfahrungsbericht

Neulich unterhielt ich mich bei einer Walking-Runde mit meinem Mann. Und ganz nebenbei sprudelte mein Erfahrungsbericht über eine Einheit meiner Coaching-Ausbildung aus mir heraus. Weil das so erfreulich war, möchte ich die Geschichte teilen.

Warum habe ich Coaching gelernt?

Nach wenigen Jahren als Lehrerin war ich frustriert. Ich musste ein Klassenbuch ordentlich führen, Hausaufgaben aufgeben und kontrollieren, Disziplin durchsetzen, mit vielen Menschen telephonieren, endlose Konferenzen absitzen, vorgegebene Lernmethoden nach vorgegebenen Zeitplänen abarbeiten, dafür stapelweise vorgegebene Arbeitsblätter kopieren.

In dieses System passte ich nicht hinein. Unterrichten an sich war mein Ding, mich hauptsächlich den Vorstellungen anderer Menschen unterzuordnen war es nicht. Das war schon mein zweiter beruflicher Start und ich fragte mich, ob ich an dieser Stelle jetzt stecken bleiben sollte, oder zum dritten Mal das Risiko eingehen, ganz neu anzufangen.

Per Zufall sah ich eine Werbung für eine Ausbildung zum Coach. Ich arbeite gerne (in Maßen) mit Menschen und bin gerne dabei, wenn sich scheinbare Knoten lösen. Auch auf der menschlichen Ebene fühlte sich das Vorgespräch gut an. Also habe ich das Buchungsformular ausgefüllt und abgeschickt.

Wie hat mich die Ausbildung geprägt?

Wir haben nicht nur viel über die Grundlagen menschlichen Verhaltens erfahren. Wer Coaching lernt, ist in den Übungseinheiten auch selbst immer wieder Coachee. Dabei bin ich regelmäßig tief in den Keller meiner Schatten und Glaubenssätze gestiegen und habe viel über meine Verhaltensmuster gelernt. Einiges davon war mir vorher diffus bewusst, aber das wenigste so schonungslos klar.

Es gab viele Tränen und Aha-Erlebnisse. Manche Erkenntnisse tauchten bei verschiedenen Lerneinheiten immer wieder auf. Manches, was ich damals über mich gelernt habe, begegnet mir heute noch als neue Lektion in anderen Zusammenhängen. Auch das haben wir aus der Ausbildung mitgenommen, dass manche Dellen in der Persönlichkeit so tief sitzen, dass wir uns mehrfach damit beschäftigen müssen, bis sie sich nicht mehr so destruktiv auswirken.

Die einzelnen Formate wende ich in meinem Alltag nicht an. Als Nachhilfelehrerin habe ich ja auch keinen ausdrücklichen Auftrag zum Coaching. Gleichzeitig habe ich einen erweiterten Blick darauf bekommen, was einem leichten und erfolgreichen Lernprozess alles im Weg stehen kann. Daraus ergibt sich eine andere Haltung als Lehrerin.

Die Ausbildung hat mir den Mut zur Kündigung gegeben. Weil ich jetzt nicht mehr über zwanzig Schüler:innen gleichzeitig unterrichte, habe ich auch viel mehr Freiheit, einen oder mehr Schritte zurückzutreten und in aller Ruhe die Situation, mich als Lehrende und die andere Person als Lernende aus einer Metaebene zu betrachten.

Die Heldinnenreise

Vor kurzem erinnerte ich mich lebhaft an eine Übungssitzung. Es ging um den Klassiker, die Heldenreise. Bei diesem Format wird der/die Coachee durch verschiedene Stationen begleitet, von der als unpassend erlebten Ausgangslage über eine Schwelle in eine rituelle Welt, in der mehr oder weniger tiefliegende Schatten und Glaubenssätze konfrontiert werden. Am Ende steht idealerweise eine Vision, aus der die Person etwas für ihr Leben in der „wirklichen“ Welt mitnimmt.

Das war auch für mich ein langer und abenteuerlicher Weg durch mein Unterbewusstsein. Zu Beginn empfand ich mich in meinem derzeitigen Leben wie ein viereckiger Stöpsel in einer runden Flasche. Unterwegs lernte ich eine Menge unter anderem über Selbstannahme, bis ich am Ende der Reise ein Bild vor mir sah: Ein Raum in weichen Farben mit mir darin ruhend, in weicher Kleidung. In meiner Hand hielt ich eine Flasche mit einer goldfarben leuchtenden Flüssigkeit. Um mich herum waren fröhliche Menschen, für die meine goldene Flasche ein großes Geschenk war.

Dieses Bild holte mich emotional sehr ab. Ich wusste: Das ist genau das, was ich mit meiner Tätigkeit erleben und leisten will. Und es war das Gegenteil von meinem Alltag als Lehrerin. 2014 bestand ich im zweiten Anlauf die praktische Prüfung zum integralen Coach. Danach kündigte ich meinen Vertrag beim Land Schleswig-Holstein und machte mich selbstständig. Erst neulich, also zehn Jahre später, realisierte ich:

Meine Vision ist wahr geworden.

Meine goldene Flasche

Ich habe einen gemütlichen Unterrichtsraum. Dessen Wände waren schon in einem warmen Gelb gestrichen, als wir einzogen. Durch meine Selbstständigkeit habe ich für die Art, wie ich arbeite, viel Freiheit. Und ich merke in der Begegnung mit meinen Schüler:innen, dass ich genau an der richtigen Stelle gelandet bin.

Mit meiner Art, meinen Kenntnissen und meinen Erfahrungen kann ich sie genau dort und genau auf die Weise abholen, wie es nötig ist. Ich habe lange gedacht, ich müsste diese goldene Flasche erst noch für mich finden. Und im Rückblick weiß ich: Ich hatte sie schon längst in der Tasche.

Ich war meinem Coach schon damals sehr dankbar für diese Erfahrung. Interessanterweise ist er mit mir zusammen durch die praktische Prüfung durchgefallen. Auch das hat im Rückblick zu meiner goldenen Flasche beigetragen. Heute sehe ich noch mit größerer Dankbarkeit auf dieses kleine Wunder zurück, das in mir die Sehnsucht nach der Erfüllung dieser Vision geweckt hat.

Und warum arbeite ich nicht als Coach?

Genau wegen meiner Vision. So schön es war, zu coachen und zu sehen, wie sich dabei scheinbare Knoten lösten: Coaching ist nicht meine Berufung. Was ich brauche und was ich kann: Die Verbindung von Mathematik, Sprachen oder Naturwissenschaften auf der einen Seite, die Leidenschaft zum Lernen auf der anderen Seite und die Herangehensweise, die ich in der Coachingausbildung gelernt habe auf der dritten Seite.

Ich habe eine Weile mit der Nachhilfe gehadert. Als Chemikerin hätte ich mehr Geld verdient und wäre mehr auf Konferenzen herum gekommen. Als Coach könnte ich mich online einem viel größeren Publikum als Begleiterin durch Lebensprobleme präsentieren. Und ganz leise, im Tun und Erleben, stellte sich meine Entscheidung für die Nachhilfe als genau richtig heraus.

Das ist meine goldene Flasche. Und damit kann ich bei jungen Menschen mehr Freude am Lernen und mehr Sicherheit bewirken. Das ist, was mich bewegt und interessiert. Wenn ich mich schon als Heldin auf meine persönliche Reise begebe und dann mit so einem starken Bild in die Wirklichkeit zurück komme, dann nehme ich dieses Geschenk auch an.

Was kann Coaching nicht?

Es gibt eine Reihe Dinge, die Coaching nicht kann:

Dir eine Entscheidung abnehmen. Es klärt deine Motivation und deine Umstände, aber entscheiden musst du dich immer noch selbst.

Die grundlegenden Schritte für dich gehen. Es kann in dir wie in meinem Beispiel eine Sehnsucht wecken, die dir idealerweise die Energie gibt, dass du deine Furcht vor dem großen Schritt überwindest.

Dir deine eigenen Bilder erklären. Wenn dein Unterbewusstsein mit dir in Symbolen spricht, ist es am wirkungsvollsten, wenn du aus dir heraus selbst ein Verständnis für die Botschaft entwickelst. Coaching kann Hinweise geben. Aber die letzte Übersetzung kommt aus dir selbst.

Eine Abkürzung durch den Heilungs- oder Lernprozess bieten. Coaching kann klären, wie dieser Prozess aussehen könnte. Damit lösen sich die meisten Probleme nicht sofort in Wohlgefallen auf. Du wirst Geduld mit dir und dem Prozess haben müssen.

Diagnosen geben oder ersetzen. Es gibt Dinge, die lassen sich mit Coaching nicht lösen. Manchmal geht es auch an Symptomen vorbei, sodass nicht an der entscheidenden Stellschraube angesetzt wird. Dadurch kann die eigentlich wichtige Veränderung verzögert werden.

Und bei allen genannten Punkten gehe ich vom Idealfall aus. Bei dem immer noch stetig wachsenden Angebot an Coaching gibt es auch Schattenseiten, wohl nicht überraschend. Im schlimmsten Fall werden Menschen statt ihrer Probleme viel Geld los und geraten teils in emotionale Abhängigkeiten.

Das ist mit ein Grund, aus dem ich kein Coaching mehr anbiete. Es gibt sehr viele Coaches und sehr viele Ansätze und nicht alles daran entspricht dem, was ich in meiner Ausbildung gelernt und erfahren habe.

Und gleichzeitig habe ich dieser Erfahrung so viel zu verdanken. Ohne dieses Coaching hätte ich mich vermutlich nicht auf die Suche nach meinem Ort und meiner goldenen Flasche gemacht. Ich wäre vermutlich immer noch Lehrerin an einer Schule, frustriert und überlastet. Und ich würde nicht auf meinem Blog darüber schreiben, was Coaching kann.

Wie sind deine Erfahrungen?

Hast du mal Coaching in Anspruch genommen? Und hat es dich weiter gebracht?

Oder hast du auch selbst eine Coachingausbildung gemacht? Und wenn ja, hast du sie in deinen Berufsalltag eingebaut?

Wie stehst du zu der Entwicklung des breiten Angebotes an Coaching?


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Kommentare

2 Antworten zu „Was kann Coaching?“

  1. Jan-Michael Carstensen

    Gratulation zu Deiner goldenen Flasche

    1. DMvV8uBJJeLYSUfNlen Dank, ich freue mich auch darüber! Und vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren 🩵

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