Meine Häkelbande
Über mein Inneres Team blogge ich immer mal wieder. Die Idee geht zurück auf ein Modell von Friedemann Schulz von Thun. In meiner Coachingausbildung haben wir regelmäßig Persönlichkeitsanteile miteinander ins Gespräch gebracht.
Und das haben die oft bitter nötig: Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber immer wieder haben Teile von mir sich widersprechende Bedürfnisse und Glaubenssätze, jedenfalls auf den ersten Blick. So etwas endet regelmäßig in Selbstblockade. Wenn ich mich in dieser Situation mit meinem Inneren Team hinsetze und wir in Verhandlung kommen, hilft das immer weiter.
Zu Anfang habe ich einfach die Namen der Anteile auf Papieraufsteller geschrieben. Irgendwann hatte ich dann das Bedürfnis, sie als Figuren in der Hand zu halten. Und weil ich sowieso Häkeln so kreativ und meditativ finde, habe ich mich für diese Methode entschieden. Es sitzen schon ein paar Teammitglieder im Regal, einige haben allerdings noch kein Gesicht. Aber da bin ich jetzt dran, Habitica sei Dank.
Wie gehe ich vor? Wenn ich herausgefunden habe, was diesen Persönlichkeitsanteil ausmacht, formt sich meistens eine Idee, wie die Figur aussehen könnte. Wenn sie nicht menschlich ist, recherchiere ich in der großen Auswahl an Häkelanleitungen. Meistens habe ich noch das eine oder andere Detail daran zu ändern. Und dann brüte ich über der richtigen Farbe, kaufe die Wolle und hole die Häkelnadel aus der Kiste.
Falls du dich fragst, warum ich mir diesen Aufwand mache: Das kann ich erklären!
1. Ich lerne mein Inneres Team besser kennen
Der Weg vom ersten Entdecken eines Persönlichkeitsanteils bis zur fertigen Figur ist weniger zügig, als er klingt. Alleine die Planung und Farbauswahl bringt mir die Details dieses Teammitglieds näher.
Oft zeigt sich auch der Charakter dieser Person beim Häkeln: Aktuell sitze ich an einer, die gerne Prozesse verlangsamt, weil sie Bedenken hat, zu scheitern. Prompt verzähle ich mich ständig bei der Maschenabnahme an den Füßen und schmeiße nach dem dritten Ribbeln und Neufrickeln den Anfang der Figur laut fluchend durch das Wohnzimmer.
Mit jeder fertigen Figur habe ich dann eine Reise hinter mir, bei der wir uns einander gegenseitig gründlich vorgestellt haben. Das kann ein provisorischer Papieraufsteller oder eine gesichtslose Holzfigur nicht leisten. Und diese Figuren sind 100% auf mich und meine inneren Vorgänge zugeschnitten.
2. Die Persönlichkeiten sind dauerhaft präsent
Mit der Erschaffung der Figuren ist das Kennenlernen alles andere als zu Ende. Sie sitzen in Augenhöhe auf einem Bord an der Wand, immer bereit für eine Teamsitzung. In der Zeit dazwischen sind sie mir ständige Erinnerung daran, was wir schon alles miteinander erlebt und besprochen haben.
Mich bewegt es auch, dass sie so friedlich beisammen sitzen. Wie ein Ausdruck meines eigenen inneren Friedens. Eine Erinnerung daran, wie meine scheinbar widersprüchlichen Gedanken und Bedürfnisse konstruktiv miteinander umgehen können, wenn ich das Bewusstsein dafür aufbringe.
An anderer Stelle habe ich über das Fokusprinzip gebloggt. Dabei ging es allgemein darum, an mir und am Lauf der Natur dran zu bleiben. Mit meinen Teamfiguren bleibe ich an meinem inneren Teamgeist dran.
Ich habe auch den Eindruck, dass die Persönlichkeitsanteile davon profitieren, wahrgenommen zu werden. Je häufiger ich sie sehe, umso kooperativer werden sie.
3. Mein Inneres Team lässt sich leicht aufstellen
Diese Häkelfiguren sind nicht nur Deko. Wenn ich mich mit ihnen zur Besprechung hinsetzen will, habe ich sie sofort zur Verfügung. Ich muss nicht erst Papierstücke schneiden, falten und beschriften.
Idealerweise hätte ich inzwischen mein Team komplett. Allerdings bin ich gerade, wie schon erwähnt, mitten in der Arbeit an einer weiteren Person. Und dann sind da noch die drei Figuren, die ich endlich fertig vernähen und mit Gesichtern und Haaren versehen will. Und zwei oder drei Persönlichkeiten fehlen noch.
Aber die Vorstellung, jederzeit mein Team versammeln zu können, ist sehr motivierend. Und in Kombination mit meiner aktuell sehr hilfreichen Habittracker-App bin ich wirklich zuversichtlich.
4. Die Figuren treten gerne in meinem Blog auf
Meine Blogbeitragsbilder mache ich meistens selbst. Ansonsten greife ich auf Bildportale wie Pixabay zurück. Und oft ist es gerade bei persönlichen Blogartikeln so, dass die eine oder andere Figur mir zuwinkt und sich für ein Photoshooting bereit erklärt. Der Hulk hat daran offenbar besonderes Interesse 😉
So kann ich erstens ziemlich einfach ziemlich passende Beitragsbilder gestalten. Und zweitens ist das für mich wieder eine weitere Gelegenheit, mich mit der jeweiligen Person zu befassen. Und das inspiriert dann oft mein Schreiben zusätzlich.
5. Ich habe einen Anlass zum Häkeln
Häkeln und Stricken haben etwas Magisches an sich. Zwischen meinen Händen entstehen aus einem so gut wie eindimensionale Faden Dinge und Wesen, die vorher nur in meinem Kopf existierten. Und die mein Inneres besser ausdrücken können als Worte.
Hinter diesen Techniken aus alten Zeiten der Menschheit steckt aber auch viel Wissenschaft. Es gibt spannende Häkelprojekte an der Schnittstelle zwischen Kunst, Biologie und Mathematik. Alleine die Tatsache, dass es Strickmaschinen gibt, es aber nicht möglich ist, eine Häkelmaschine zu konstruieren, finde ich faszinierend. Und über Knotentheorie und Topologie gibt es für mich noch eine erfreulich große Menge zu lernen.
Ich stricke gerne und trage extrem selten Socken. Ich brauche auch keine Dreieckstücher und habe schon mehr als genug Dekokram in meinem Haus. Da bin ich über diesen Anlass tatsächlich dankbar, mal wieder eine meditative und kreative Zeit mit einem neuen Wollknäuel verbringen zu können. Oder vielleicht auch mal ein paar halbfertige Beinchen an die Wand zu pfeffern, wenn es sein muss.
Wie könntest du dein Inneres Team gestalten?
Kennst du deine unterschiedlichen Persönlichkeitsanteile? Wie verhalten sie sich untereinander? Hast du eine Methode, wie du sie greifbar machen kannst?
Ich könnte mir eine Reihe anderer Methoden vorstellen:
- Photos oder selbst gemalte Bilder
- verschiedene Gegenstände, die dich an das jeweilige Mitglied des Inneren Teams erinnern
- Karten mit einem zu einer jeweiligen Person passenden Begriff oder Namen
- selbst gemachte Figuren aus Salzteig oder Modelliermasse
- fertige Figuren aus Holz oder anderen Materialien, die du selbst zu den jeweiligen Persönlichkeiten ausgestaltest
- passende fertige Fanartikelfiguren
Vielleicht fällt dir ja noch mehr ein. Dann freue ich mich über einen Kommentar von dir 🙂
Schreibe einen Kommentar