Tag der Unendlichkeit – 8. August

Das Zeichen für Unendlichkeit in leuchtendem orange und hellblau vor einem schwarzen Hintergrund. Entstanden ist das Bild als Aufnahme im dunklen, während jemand einen leuchtenden Gegenstand mehrfach in einer waagerechten Schleife geschwungen hat.

Die Blogparade unter dem Stichwort geht in die dritte Runde. Im August schreiben wir über Gedenktage, und heute am 8. August ist unter anderem der Tag der Unendlichkeit. Meine Katze wird es mir verzeihen, dass ich heute mal nichts über sie erzähle, hoffe ich. Denn außerdem ist auch Weltkatzentag, aber der ist in unserem Haushalt eigentlich immer 😉

Warum der 8.8. als Tag der Unendlichkeit?

Das Photo ist von Izabel 🏳️‍🌈 auf Unsplash. Und damit sollte schon ersichtlich sein, aus welchem Grund dieses Datum gewählt wurde: Die „horizontale Acht“ wurde 1655 von John Wallis als Zeichen für „unendlich“ eingeführt. Und eine doppelte Acht ist natürlich doppelt so passend.

Jean Pierre Ady Fenyo führte den „Infinity Day“ ein. Er wollte damit die allgemeine Bevölkerung zum philosophischen Denken animieren. Fenyo ist unter dem Spitznamen „Free Advice Man“ bekannt geworden, nachdem er zeitweise ohne festen Wohnsitz in New York an einer Straßenecke als Philosoph seinen Rat gegen Spenden anbot.

Ich fand besonders spannend, dass dieser Gedenktag nicht ursprünglich mathematisch gedacht war. Obwohl natürlich Mathematik und Philosophie eine große gemeinsame Schnittmenge haben. Wobei das in meiner Liebeserklärung an die Mathematik gar nicht so ausdrücklich vorkommt. Aber genau wie die Philosophie sollte meiner Ansicht nach die Mathematik allen Menschen zugänglich sein.

Unendlichkeit in meinem Berufsalltag

Es gibt regelmäßig Berührungspunkte mit der Unendlichkeit. Spätestens, wenn meine Schüler:innen mir melden, dass ihr Taschenrechner „so etwas Komisches“ anzeigt. Irgendwas mit einem x und einer 10 und so. Leider sind manche Ergebnisse dermaßen klein oder groß, dass der Taschenrechner sie nur im wissenschaftlichen Format in die begrenzte Displayfläche quetschen kann.

2,5 x 10-26 zum Beispiel ist ausgeschrieben nun mal 0,000000000000000000000000025. Trotzdem fragen sie mich an der Stelle oft, ob sie das irgendwie umstellen können. Dabei ist diese Zahl sogar sehr wohl noch endlich, allerdings anscheinend schon unangenehm genug. Manchmal ist Mathematik Leben am Limit und 1 geteilt durch ∞ passt nur noch schwer in unsere Vorstellung.

Bei der Kurvendiskussion müssen sie dann allen Ernstes das „Verhalten von Funktionen im Unendlichen“ beschreiben. Auch da erlebe ich viel Augenrollen, Schnaufen und Empörung. Was soll das überhaupt heißen? Für mich ist hier wieder die Gelegenheit zu einer kleinen Pantomime:

Dennoch scheint es nicht offensichtlich, wofür die Grenzwerte von Funktionen bei unendlich großem x gut sind. An meinem Plädoyer dafür arbeite ich entsprechend noch, oft nähern wir uns dem Problem mit dem Auftrag: „Gib mal für x eine große Zahl ein.“ Und dann sehen wir, ob der Funktionswert in Richtung +∞ („nach oben“) oder -∞ („nach unten“) geht. Oder eventuell auch gegen Null („an die X-Achse heran“).

Darüber hinaus steht zwischenzeitlich die Überlegung im Raum, dass ein Vielfaches von ∞ immer noch ∞ ist. Irgendwie anders, aber trotzdem unendlich groß. Auch das kommt nicht bei allen Beteiligten gut an. Warum es tatsächlich Unendlichkeiten gibt, die größer sind als andere, erklärt dieses Video anschaulich und unterhaltsam.

Unendlichkeit in endlichen Gehirnen

Dass meine Schüler:innen sich so oft so sträuben, hat Gründe. Wir haben zwar ein komplexes Bewusstsein, aber immer noch nur endliche Gehirne. Außerdem haben wir nur endlich viel Zeit und sogar beim Universum sind wir nicht sicher, ob es unendlich ist. Das Konzept Unendlichkeit ist mathematisch hilfreich und sogar notwendig. Aber wir können nicht mal eben bis Unendlich zählen. Selbst wenn wir als Kinder vielleicht auf solche Ideen kommen.

Die Endlichkeit ist fester Bestandteil des Lebens. Besonders in Regionen mit Jahreszeiten erleben wir sie regelmäßig, wenn sich zum Herbst die Natur um uns herum zum Kompostieren zurück zieht. Nebenbei und passenderweise ist heute auch der Memento-Tag, an dem wir unserer Vergänglichkeit gedenken.

Gleichzeitig scheint sich dieser Rhythmus von Werden und Vergehen unendlich zu wiederholen. Es bleibt paradox und es ist kein Wunder, dass in unterschiedlichen Kulturen unterschiedliche Vorstellungen vom Lauf der Zeit entwickelt wurden.

Ob die Zeit des Universums nun linear oder zyklisch ist, werden wir wohl nicht persönlich heraus finden. Allerdings bin ich überzeugt, dass es unserem Denken gut tut, von Zeit zu Zeit die Grenzen auszutesten und sich ein bisschen in Richtung Unendlichkeit zu strecken. Und sei es nur, um angesichts unserer Vergänglichkeit das Leben und die einfachen Dinge mehr zu schätzen zu wissen. Und um in Fenyos Sinne unseren philosophischen Muskel zu trainieren.

Tja, und manchmal brauchen wir ein minimales Verständnis der Unendlichkeit einfach nur für die nächste Klausur 😉 Wie ist deine Erinnerung an das Thema im Mathematik- oder Philosophieunterricht? Oder feierst du heute doch lieber den Glücklichsein-Ist-Machbar-Tag?

Fediverse reactions

Kommentare

2 Antworten zu „Tag der Unendlichkeit – 8. August“

  1. Vielen Dank für die Teilnahme an unserer Blogparade und die Reise in die Welt der Unendlichkeiten. Nachdem ich mir das Arte-Video angeguckt habe, weiß ich ja, dass es mehrere davon gibt 🙂

    1. Moin Erik,
      danke für die Idee, aus den Gedenktagen eine Blogparade zu machen. Da gibt es auch fast unendlich viele Möglichkeiten 😉
      Liebe Grüße
      Angela

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