Dieser Blogbeitrag biegt überraschend konstruktiv und erfreulich ab. Als ich anfing, ihn zu schreiben, war ich noch ziemlich frustriert. Der Anlass war ein Gespräch über ToDo-Listen mit einer Bekannten.
Sie war mit dem Zustand ihres Schreibtisches nicht zufrieden. Aber es sei immer so ein tolles Gefühl, „alles abgehakt zu haben“. An der Stelle realisierte ich, dass ich mich nicht erinnern konnte, jemals dieses Gefühl gehabt zu haben.
Meine Bekannte war sehr erstaunt. Und sie fand meinen Kommentar wirklich traurig. Für mich war das eher normal, wie die Tatsache, dass ich kurzsichtig bin. Aber seitdem denke ich immer wieder darüber nach, wie wenig mich Listen darin unterstützen, meine Zeit effektiv zu strukturieren.
Und ich frage mich, ob Produktivität wirklich etwas ist, was mich motiviert. Vor allem frage ich mich, ob ich mit meinen Erfahrungen wirklich alleine bin. Auch mit der überraschenden Wende in meiner Geschichte 😉
Was ist überhaupt eine ToDo-Liste?
Viele Konzepte
Anleitungen dazu gibt es unzählige, online und in Buchform. Sie alle versprechen effektives Zeitmanagement und dass uns dabei unterstützen, Prioritäten zu setzen.
- Wie schreibe ich eine ToDo-Liste zum Abhaken?
- Wie funktioniert sie?
- Auf welche Weise kann ich damit meine Produktivität steigern?
- Warum kann ich damit mein Zeitmanagement verbessern?
Auf alle diese Fragen scheint es eine Menge Antworten zu geben.
Es gibt Systeme wie Getting Things Done, Zen To Done oder das Konzept des Bullet Journals. Sie alle versuchen am Ende, Listen mit Aufgaben und Vorhaben so zu strukturieren und zu speichern, dass wir möglichst alles davon möglichst gerne schaffen. Andererseits gibt es die Not-To-Do-Liste mit Dingen, die wir uns abgewöhnen wollen oder sollten.
Grundprinzipien
Bei allen Unterschieden haben die verschiedenen Konzepte ein paar Gemeinsamkeiten:
Es geht nicht um reines Auflisten zum Erinnern. Stattdessen ist es zunächst wichtig, Prioritäten herauszuarbeiten, unter anderem mit dem Eisenhower-Prinzip. Dieses teilt Aufgaben in die Kategorien „dringend“ und „nicht dringend“, sowie „wichtig“ und nicht wichtig“ ein. Offensichtlich sollten Dinge aus der Abteilung „dringend und wichtig“ zuerst erledigt werden, während „unwichtige und nicht dringende“ Aufgaben im Zweifel gestrichen werden können.
Für eine angemessene Motivation brauchen wir eine sinnvolle Zielformulierung. Hier gilt unter anderem das SMART-Konzept. Wir setzen Ziele wahrscheinlicher um, wenn sie bei der Festlegung
- spezifisch (Specific)
- messbar (Measurable)
- erreichbar (Achievable)
- angemessen (Reasonable) und
- mit einer klaren Zeitmarke versehen (Time-Bound)
sind. Das Thema Zielformulierung war ein Bestandteil meiner Coachingausbildung. Die sogenannte Zielökologie fragt außerdem danach, was der Preis dafür ist, ein Ziel zu erreichen und auch, wie unsere Umwelt darauf reagieren würde. So können wir später auftauchende Hindernisse schon im Voraus erkennen.
Entsprechend finden dann verschiedene Projekte und Vorhaben ihren Platz auf unserer Liste und warten darauf, abgehakt zu werden.
Das klingt etwas hoch gehängt für eine ToDo-Liste. Allerdings kann das Scheitern eines ToDos tatsächlich daran liegen, dass wir uns mehr anstrengen müssten, als wir eigentlich wollten. Und dann liegt uns dieses ToDo lange auf der Seele. Mir jedenfalls.
Meine Probleme mit ToDo-Listen
Trotz meiner Coachingausbildung haben solche Listen mein Leben lang nicht funktioniert. Daran haben weder wiederholte Versuche, meine Prioritäten abzuklopfen, noch die Arbeit an Glaubenssätzen, Schatten, der Zielökologie etwas geändert.
Müssen oder wollen
Das ist meine erste Hürde: Zu sortieren, ob ein Ziel wirklich meinem eigenen Bedürfnis entspricht, ober ob ich irgendwann einmal Ja gesagt habe und jetzt eine Aufgabe im Nacken habe, die mir nur sehr vage wie mein eigenes Ziel vorkommt. Oder ob ich Ja gesagt habe und das auch wirklich meinte und wollte, aber im Verlauf der Geschichte feststellte, dass einige ungeplante Extrapunkte dran hängen.
Für mich ist wirklich oft unklar, ob ich etwas wirklich will oder muss. In manchen Fällen glaube ich nur lange, dass ich etwas tun muss. Und dann gibt es auch Dinge, die wirklich getan werden müssen, wie der allseits beliebte Bürokratiekram, den ich immer wieder schaffe, sehr lange zu verschleppen.
Und dann verknote ich mir regelmäßig selbst die Schnürsenkel. Es gibt ToDos, die ich gerne machen möchte, also echte ToWants. Die kann ich aber nicht angehen, bevor ich den „Das muss ich“-Berg nicht abgetragen habe. Und den gehe ich nicht an, weil es ja so viel gibt, was ich machen will. Womit ich aber nicht anfangen kann, weil… Und so weiter.
Was ist wirklich wichtig?
Der gute Herr Eisenhower hätte sein Freude mit mir. Die Entscheidung, was wirklich wichtig ist, ist nur ein weiteres ToDo auf meiner Liste. Genauso habe ich wenig Gefühl für die Dringlichkeit.
Für mich scheinen so viele Dinge gleichzeitig wichtig zu sein, dass mir eine zügige Triage unmöglich erscheint. Besonders, wenn ich Bürokratiekram lange vor mir hergeschoben habe und er überdringend wird.
Der Entscheidungsstress blockiert so meine Fähigkeit zu entscheiden. Aus meiner Sicht sind auch wichtige und dringende Aufgaben gerade die, die mir besonders schwer fallen. Sie zu ignorieren fällt mir dagegen verführerisch leicht.
Wiederholende Aufgaben
Manches lässt sich nicht einfach endgültig erledigen, zum Beispiel das Entrümpeln von alten E-Mails. Es sammelt sich auch im realen Leben immer wieder neuer Krimskrams an. Haushaltsaufgaben fallen immer wieder an, Fenster werden immer wieder neu putzbedürftig.
Mich frustriert das kolossal. Wenn ich mir unter diesen wiederkehrenden Aufgaben vor allem die langweiligen nicht auf eine Liste schreibe, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass ich sie erledige. Aber dadurch werden meine diversen ToDo-Listen noch unattraktiver. Weil ich zwar vorübergehend einen Haken setzen kann, aber irgendwann steht dasselbe ToDo wieder an.
Der Haken ist eigentlich eine Illusion. Auf der Liste oder nicht: Wiederholungsaufgaben sind dadurch ein extra Frustanlass.
Alte ToDos
Durch die Aufschieberei haben meine ToDo-Listen Punkte, die ich vor Jahrzehnten aufgeschrieben habe. Ein paar davon möchte ich tatächlich „irgendwann“ und „auf jeden Fall“ erledigen.
Bei anderen Dingen ist es so, dass ich es nicht übers Herz bringe, sie zu löschen, obwohl sie aussichtslos oder nicht mehr interessant für mich sind.
Aber irgendetwas lässt mich an ihnen festhalten. Vielleicht das Gefühl, die Angela aus der Vergangenheit zu enttäuschen. Zu scheitern und mir eingestehen müssen, etwas nicht geschafft zu haben. Wie zum Beispiel meinen inzwischen horizontal gelagerten Bücherstapel.
Diese Ladenhüter-ToDos verhindern, dass aktuellere und attraktivere ToDos beziehungsweise ToWant in meinem Bewusstsein eine höhere Priorität einnehmen. Gleichzeitig hindert mich das nicht, stetig neue ToDos auf die liste zu setzen. Es kann ja sein, dass ich „irgendwann einmal“ dazu komme, das alles umzusetzen.
Je länger die Liste, desto geringer ist natürlich die Motivation. Und damit die Wahrscheinlichkeit, dass sie kürzer wird.
Ehemalige Hobbys und Kreativprojekte
Ich bin vermutlich nicht alleine mit meiner Sammlung an Hobbykram. Einiges davon fand ich mal richtig spannend und habe diese Aktivitäten auch lange eifrig betrieben. Anderes landete relativ schnell in einer Kiste, wurde allerdings meistens nicht endgültig aussortiert.
Auf diesem Weg werden erfreuliche Freizeitaktivitäten zu ToDos. Entweder schreibe ich mir auf den Plan, das Material zu sichten und wegzugeben. Oder ich bin überzeugt, dass ich mich noch einmal damit beschäftigen werde.
Ein Beispiel sind die vielen unfertigen Häkelfiguren. Es würde vermutlich nicht so lange dauern, sie zu vernähen und Gesichter aufzusticken. Aber dann käme ich ja in der Zeit nicht dazu, meine alten Blogbeiträge zu optimieren. Oder was ich sonst noch so geplant hatte.
Diesen Teil meiner ToDo-Misere finde ich besonders deprimierend: Dinge, die ich einmal bereichernd fand, türmen sich jetzt als Liste mit Aufgaben auf, die ich eigentlich abarbeiten müsste. Und schon habe ich eigentlich keine Lust mehr dazu, obwohl ich eigentlich wieder Spaß an diesen Tätigkeiten haben, wenn ich mich einmal dran setze.
Perfektionismus
Natürlich scheitern ToDos auch gerne an meinen hohen Ansprüchen. In meiner Vorstellung sehe ich vor mir, wie etwas auszugehen hat. Und gleichzeitig sehe ich die vielen unterschiedlichen Fehler, die auf dem Weg passieren können. Und auch die Schwierigkeiten und Hürden. Mit diesem inneren Film ist es nicht leicht, überhaupt anzufangen.
Wie gesagt, natürlich habe ich gerade über diesen Aspekt in meiner Coachingausbildung viel gelernt. Ich habe eine ganze Liste an Glaubenssätzen ans Licht geholt und mit ihnen verhandelt. Ich habe Ziele und Ökologien bearbeitet. Und doch gibt es noch so viel Restperfektionismus, dass ToDo-Listen ein rotes Tuch für mich sind.
Und zusätzlich sorgt mein Anspruch an mich dafür, dass ich mir immer wieder neue Aufgaben auf den Zettel schreibe und von mir erwarte, sie in einem angemessenen Zeitrahmen und einigermaßen ordentlich zu erledigen.
In diesem Zusammenhang schätze ich gerne meine Umgebung falsch ein. Natürlich müssen Behördenformulare ausgefüllt werden. Ich sollte das, was ich anderen versprochen habe, auch einhalten.
Aber ich wundere mich manchmal im Nachhinein, dass die jeweilige Behörde auch nicht hundertprozentige Formulierungen akzeptiert und abheftet. Und dass Menschen gar nicht so extreme Erwartungen stellen, wenn ihnen ein Gefallen getan wird.
Belohnungen
Oft lese ich davon, dass Belohnungen für Meilensteine die Motivation steigern. Auch da sagt meine Erfahrung etwas anderes. Wenn ich wirklich nicht motiviert oder blockiert bin, gibt es keine Belohnung dieser Welt, die mich über die Hürde trägt.
Es kann sogar eher sein, dass ich mir das als Belohnung gedachte Stück Schokolade trotzdem nehme. Ich bin ja ein freier Mensch und mache meine eigenen Regeln. Wer bin ich, dass ich mir etwas vorenthalte, nur weil ich ein ToDo immer noch vor mir schiebe?
Hinterher lastet dann diese „Belohnung für Nichtleistung“ zusätzlich auf meiner Beziehung zur Aufgabe. Wenn sie überhaupt wirken soll, muss eine Belohnung von außen kommen.
Oder sie muss wirklich intrinsisch sein. Dabei muss also das Erledigen der Aufgaben auf meinen ToDo-Listen die eigentliche Belohnung sein. Und auch damit bin ich in den meisten Fällen nicht gut gefahren. Die Erleichterung darüber, eine nervige Sache erledigt zu haben war selten so groß, dass sie die Anstrengung gerechtfertigt hätte.
ToWant-Listen
Seit dem Blogtoberfest 2023 blogge ich quartalsweise ToWant-Listen. Darauf steht, was ich in den nächsten drei Monaten jeweils erleben will. Ich habe im Laufe der Zeit gelernt, darauf mit Dingen die „zu erledigen“ sind, extrem sparsam zu sein. Ich sehe schon kommen, dass ich mir für das dritte Quartal 25 nur noch attraktive ToWants vornehme, damit diese Liste wirklich nichts mehr mit ToDo-Listen gemeinsam hat.
Denn das war eine Erfahrung mit den ersten ToWant-Blogposts: ToDos machen sogar ToWants schwierig. Jedenfalls für mich und das werde ich in Zukunft genauer trennen. Das Schöne ist ja, dass dies mein Blog ist, dass es meine ToWant-Listen sind und ich meine eigenen Regeln mache. Und dass ich aus dieser Blogserie so viel über mich gelernt habe.
Der Wert der Produktivität
Gehen wir noch einmal an den Anfang zurück: Warum gilt es eigentlich als so wichtig, produktiv zu sein? Diese Frage scheint mir ein bedeutender Baustein in meiner Erfahrung mit ToDo-Listen zu sein.
Es gibt tatsächlich unvermeidliche Aufgaben: Rechnungen zu schreiben oder bezahlen, Lebensmittel einzukaufen und zuzubereiten, einigermaßen Ordnung zu halten oder ein minimales Level an Gesundheitsvorsorge zu betreiben.
Es gibt auch eine Menge Dinge, die ich gerne machen möchte: Musik, Malen, Yoga, Gartengestaltung, Aktivismus für meine gesellschaftlichen Werte und ähnliches.
Und dann gibt es Dinge wie: Vorbildlich gemachtes SEO, adrette Auftritte in den sozialen Medien, alle möglichen Projekte, die von außen beeindruckend und produktiv aussehen. Und bei denen ein Teil von mir weiß, dass sie nicht komplett mir entsprechen und dass ich auch gut ohne sie klar käme.
Diese Erwartung, produktiv zu sein, sehe ich manchmal klarer und manchmal überhaupt nicht klar. Dann ist sie eine zusätzliche scheinbare Karotte vor meiner Nase, die meinen Blick für meine sowieso schon verworrenen Prioritäten trübt.
ToDo-Listen als Selbstsabotage
Oliver Burkeman beschreibt das Phänomen der „Produktivitäts-Schulden“ in seinem Video „Why you’ll never “get on top of everything”“
“Perfectionism for me has always been a kind of central part of what I’m struggling with. That sense that I’m kind of on the back foot, that I need to put in just a little bit more, maybe a lot more effort and self discipline, find the perfect organizational system, and, like, then then I would finally get into the driving seat of my own life.”
Oliver Burkeman
Genauso habe auch ich bisher noch nicht das perfekte Organisationswerkzeug gefunden. Und so langsam gehe ich ziemlich sicher davon aus, dass es nicht existiert und dass wir stattdessen besser beraten wären, unsere Erwartungen und unsere Vorstellungen von Produktivität neu zu justieren.
Und vielleicht ist es auch nicht überraschend, dass ich nie in meinem Leben erlebt habe, dass wenigstens für einen kurzen Moment meine ToDo-Listen leer gewesen wären. Vielleicht ist das einfach normal.
Auch Burkeman geht davon aus. Und er sieht einen großen Wert in dieser Erkenntnis, dass die Idee, jemals alles erledigt zu haben nicht nur schwierig, sondern unmöglich ist:
„And in that transition from really difficult to completely impossible, there’s a moment of real kind of relief and relaxation. There’s a sense of a weight being lifted from one’s shoulders.“
Oliver Burkeman
Ganz schön Zen für meinen Geschmack. Aber das trifft es auch für mich. Ein Teil von mir ist sehr bereit für diese Erleichterung. Andere Teile meiner Persönlichkeit hadern noch.
Mach ein Spiel aus deinen ToDos
Mein Mann weiß inzwischen, dass er diese Formulierung besser lässt. Wenn ich aus dem Abwasch „ein Spiel machen“ soll, findet er an dem Tag gar nicht mehr statt. Und doch gab es bis vor kurzem ein einziges Beispiel, dessen Gamifizierung bei mir exakt die richtigen Knöpfe drückte.
Duolingo
Im März 2022 begann ich den Dänischkurs der Duolingo-App. Einfach aus Spaß und weil ich durch den Shutdown viel Zeit hatte. Und heute, am 30. April 2025 blicke ich auf 1130 Tage zurück, in denen ich ohne Unterbrechung Dänisch, Französisch und Klingonisch gelernt habe. In den letzten Monaten kam noch der Musikkurs dazu.
Die App wird leider zunehmend merkwürdiger. Einige neue Lektionen und Bilder sind mit Hilfe von KI entstanden, und das fällt unangenehme auf. Trotzdem stört es mich noch nicht ausreichend, um Duolingo den Rücken zu kehren.
Denn das System aus kleinen Einheiten, ineinander verschachtelten Belohnungssystemen, Questen, Punkten und Challenges, kombiniert mit den Comicfiguren und bunten Farben, holt mich unwiderstehlich ab.
Wenn ich die Benachrichtigung lese, dass Duo langsam nervös wird, weil der Abend näher rückt und ich noch keine Lektion erledigt habe, dann gibt es keine Option: Dann klicke ich auf den Startknopf, und sei es nur für eine einzige Einheit für ein bis zwei Minuten.
Vor kurzem verknüpfte ich zum ersten Mal meine ToDo-Misere mit dieser ungewohnten Erfahrung, dass ich etwas nachhaltig lange durchziehen kann. In der S-Bahn sitzend suchte ich spontan nach einer gamifizierten App. Im Nachhinein sollte es mich nicht überraschen, dass es eine ganze Reihe solcher Apps gab, unterschiedlich bunt für unterschiedliche Geschmäcker und Bedürfnisse.
Und gleich der zweite Versuch war offensichtlich ein Volltreffer 🙂
Mein neuer Habit Tracker
Seit dem 11.04.2025 bin ich Mitglied bei Habitica. Diese Habit-Tracker-App (auch im Browser verfügbar) basiert auf einem Rollenspiel. Die Teilnehmenden bekommen einen Avatar, den sie am Leben halten und durch diverse Abenteuer gegen langzähnige „Dust Bunnies“ und durch Wälder mit ablenkenden Mondscherben begleiten.
Worum es geht
Ich kann eintragen, was ich mir an- oder abgewöhnen will. Darüber hinaus kann ich wiederkehrende sowie einmalig anstehende Tasks auflisten. Wenn ich davon etwas abhake, bekomme ich nach dem Zufallsprinzip mal mehr, mal weniger Gold, Erfahrungspunkte und lustige Dinge wie Dracheneier, Tränke zum Ausbrüten oder Futter für meinen stetig wachsenden Zoo an Haustieren.
Mit dem Gold kann ich meine Ausrüstung erweitern. Und mit zunehmenden Erfahrungspunkten steige ich in den Levels auf. Inzwischen bin ich in der Klasse der Magier:innen angekommen 🧙♀️
Erste Ergebnisse
Der Witz an der Sache: Das alles bedeutet für mein reales Leben konkret genau nichts. Aber dass ich mir für meine virtuellen Goldmünzen den Hörnerhelm und die Doppelaxt zulegen konnte, hat dafür gesorgt, dass ich seit Beginn meiner Habitica-Karriere unter anderem folgendes geschafft habe:
- nicht mehr zu spät im Bett
- nicht mehr vor dem Einschlafen am Handy gedaddelt
- WordPress-Update auf TTF
- Computer-Update auf Ubuntu 24.04.2
- alle angeschafften Samentütchen in Anzuchttöpfchen verteilt
- wieder richtig Bücher gelesen
- bereite mit großen Schritten meinen Notfallordner vor
- ActivityPub installiert
- mit der Änderung meiner diversen Passwörter fast fertig
Und die Liste ist in Wirklichkeit noch viel länger. Ich bin erschüttert, wie viel ich abhaken konnte. Und vor allem: Was für einen Spaß ich dabei hatte! Es war mir fast körperlich unmöglich, mit einer unerledigten Tagesliste ins Bett zu gehen.
Ich habe einmal probehalber morgens vor dem Aufstehen kurz Doomscrolling betrieben. Das kostete mich zwei Gesundheitspunkte. Und die schmerzten mich dermaßen, dass ich jetzt morgens ohne Doom auskomme.
Meine inneren Knöpfe
Offensichtlich gibt es einen großen Anteil meiner Persönlichkeit, der dieses Rollenspiel ernster nimmt als die Realität. Einen lila Panda auszubrüten ist mir wertvoller als einfach nur ein aufgeräumtes Wohnzimmer. Punkte zu verlieren ist schlimmer als jeglicher Ärger mit Behörden bei abgelaufenen Fristen.
Und auch wenn ich Belohnungsschokolade trotzdem essen würde: Ich käme nicht auf die Idee, den Abhakbutton zu drücken, wenn ich etwas nicht wirklich gemacht hätte. Auch das scheint die vom Rollenspiel begeisterte Instanz in mir sehr ernst und sehr sportlich zu nehmen.
Das perfekte Werkzeug gibt es nicht. Aber für mich ist Habitica dicht dran. Und vielleicht ist der Ansatz, ein spiel draus zu machen, doch richtig. Nur gilt das bei mir nicht für das ToDo, sondern für die Liste.
Wie geht es jetzt mit meinen Listen weiter?
Am Anfang des Jahres beschloss ich, meine vielen und teils sehr alten Listen zusammenzuführen und großzügig zu kürzen. Jetzt sehe ich einem wunderbaren und organischen Schmelzprozess zu. Teils weil ich Projekte umsetze, teils weil ich mich endlich von ihnen verabschiede.
Für den Mai nehme ich an einer Habitica-Gruppenchallenge teil. Dafür habe ich 31 kleine Haushaltsprojekte wie „Tür zum Arbeitszimmer“ oder „Schlafzimmerfenster“. Der Plan ist, dass Ende Mai unser Haus deutlich glänzender sein wird.
Langfristig warte ich mit der Skepsis meiner lebenslangen Erfahrung, ob dieses neue System nicht doch den Schub verlieren wird. Aber immerhin kann ich sagen, dass mich in meinen 51 Jahren noch nichts so sehr motiviert hat. Ich drücke mir die Daumen.
Und dann bin ich gespannt, ob ich ihn irgendwann doch noch erleben werde, diesen kurzen Moment, in dem alle ToDo-Listen leer sind 🙂
Wie ist deine Erfahrung?
Führst du ToDo-Listen? Sind sie für dich hilfreich? Oder auch eher Quelle der Frustration und Blockade? Hast du für dich ein motivierendes und zuverlässiges System gefunden? Benutzt du dafür auch elektronische Unterstützung?
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