Warum ich keine KI-Bilder für meinen Blog verwende
Anna Cybulka ruft zweisprachig zu einer Blogparade auf. Es geht um unsere Zukunft mit KI und darum, ob und wie sie sinnvoll in Blogs und Webseiten von Unternehmen eingesetzt werden kann.
Mal ganz von der rechtlichen Lage abgesehen: Bei den Bildern, die offensichtlich mit Hilfe künstlicher Intelligenz erzeugt wurden, habe ich ein fast körperliches Unbehagen. Die Texturen und Verbindungen der abgebildeten Elemente sind so oft unplausibel und Körperteile sind häufig entweder entstellt oder gehören in das Uncanny Valley: Sie sind ganz klar künstlich, aber gleichzeitig so dicht an der Realität, dass sie gruselig wirken.
Aber das ist nur mein persönliches ästhetisches Empfinden. Um zu überlegen, wie sinnvoll ich KI-Bilder und -Texte für verschiedene Einsatzgebiete finde, stelle ich die Wirkung auf Kinder und Jugendliche und einige Vor- und Nachteile der aktuell häufig verwendeten großen Sprachmodelle und generativen Netzwerke gegenüber, die ich aktuell und in nächster Zukunft sehe.
Einfluss von KI auf Kinder
Dieser Punkt ist für mich persönlich als Lehrerin besonders interessant. Auch wenn er nur bedingt mit dem Thema Bloggen zu tun hat.
Im folgenden Thread argumentiert JA Westenberg ziemlich einleuchtend, warum wir Kinder nicht unvorbereitet mit KI-Programmen alleine lassen sollten. Kinder lernen durch Nachahmung und im Austausch mit ChatGPT und ähnlichen Modellen lernen sie Denken in glatten und scheinbar fehlerfreien Mustern. Sie werden leicht dazu verleitet, das Nachahmen der KI nachzuahmen, anstatt kritisch selbst zu denken und dabei das kritische Denken zu lernen und trainineren.
Ein Zitat aus dem Thread lautet:
We can teach kids to use these tools with judgment, with context, with skepticism. But that starts with a pause. With an adult in the room. With a conversation about what these models are and what they’re not. It starts with treating intelligence as more than output.
JA Westenberg
Der Netzlehrer Bob Blume hat sich der Herausforderung auf seine eigene Weise gestellt. In einem Versuch schrieb er eine KI-basierte Deutsch-Klassenarbeit. Dabei gab es in den ersten 20 Minuten eine gemeinsame Phase, in der die Schüler:innen Prompts entwickelten, mit denen ChatGPT Argumente erzeugte. Und diese verwendeten die Jugendlichen dann individuell, als sie jeweils eigene Texte schrieben.
Wenn künstliche Intelligenz schon an Schulen unvermeidlich stattfindet, dann ist so ein angeleiteter Prozess aus meiner Sicht hilfreicher als die Schüler:innen einfach alleine prompten und die Ergebnisse kopieren zu lassen. Leider war genau das bei einigen meiner Schüler:innen schon mal der Auftrag durch Lehrkräfte: „Lasst euch das von ChatGPT erklären!“
Nachteile
Halluzinationen
Was uns hier Texte und Bilder liefert, sind Programme. Sie haben kein Bewusstsein und keine Selbstreflexion. Im Zweifel füllen ChatGPT und seine Kollegen Lücken in ihren Antworten, indem sie fabulieren. Die nächstbesten Daten, die während des Trainings aufgenommen wurden, werden eingesetzt. So entstehen Hände mit sechs Fingern und ausführliche Definitionen für Begriffe, die in Wirklichkeit es gar nicht gibt.
Bei den Bildern fällt der Effekt auf. Bei Texten müssen wir allerdings selbst genug Basiswissen haben, um bewerten zu können, ob sie zuverlässig die Realität abbilden. Gerade im Zusammenhang mit der Schule erlebe ich allerdings einen eher unkritischen Umgang mit ChatGPT-Antworten. Dieses Problem zieht Kreise bis in naturwissenschaftliche Forschungsgruppen.
Hier ein Einblick in die Halluzinationen einer KI beim Erstellen von Origami-anleitungen:
Die Datenbeschaffung
Es geht nicht nur um Urheberrechte. Immer mehr wird auch darüber berichtet, wie Crawler Netzwerke und Webseitenserver belasten, wenn sie online nach Daten suchen. Die vielen Anfragen können kleine Webseiten zeitweise lahmlegen. Dazu kommt, dass die Webseitenbesitzer:innen nicht darum gebeten oder dazu aufgerufen haben, dass die KI-Bots bei ihnen nach Informationen suchen und sie zu Trainingszwecken herunterladen.
Es ist möglich, in der robot.txt-Datei einzutragen, dass eine Webseite nicht von Bots durchsucht werden soll. Leider ist das eine höfliche Bitte und keine echte technische Schranke. Entsprechend können sich Bots darüber hinweg setzen.
Die Haltung kreativen Menschen gegenüber
Um die Sprachmodelle zu trainieren, sind große Datenmengen nötig. Dabei wird auch auf online verfügbare Bilder und Texte von Menschen zugegriffen, die mit ihrer Kreativität ihren Lebensunterhalt verdienen. Der ehemalige britische Politiker und ehemalige Meta-Mitarbeiter Nick Clegg brachte es auf den Punkt:
“I think the creative community wants to go a step further, Quite a lot of voices say, ‘You can only train on my content, [if you] first ask’. And I have to say that strikes me as somewhat implausible because these systems train on vast amounts of data.
I just don’t know how you go around, asking everyone first. I just don’t see how that would work. And by the way if you did it in Britain and no one else did it, you would basically kill the AI industry in this country overnight.”
Nick Clegg
Sich an minimale Grundsätze der Höflichkeit und Ethik zu halten, ist also für die KI-Unternehmen schlicht unwirtschaftlich.
Überhaupt halte ich die Rückverfolgung der Originalbilder für so kompliziert, dass eine Entlohnung wohl unrealistisch bleiben wird.
Auf ihrem YouTube-Kanal erklärt Mandy Dörre, welchen zermürbenden Einfluss KI auf Menschen hat, die Häkelanleitungen erarbeiten und veröffentlichen.
„Mein Bild, welches ich selbst erstellt habe und in welches ich mehrere Stunden Zeit hinein investiert habe, wurde herab gewürdigt und gleichgestellt mit einem KI-Bild, welches in wenigen Sekunden gepromptet wurde. Schon traurig, oder?“
Mandy Dörre
Auf lange Sicht wird das dazu führen, dass Menschen wie Mandy nicht mehr motiviert sind, ihre Kreativität anderen zur Verfügung zu stellen. Und ja, das finde ich traurig.
Wirkung auf den Arbeitsmarkt
Oft lese ich von Vorteilen der KI für Unternehmen. Oder darüber, dass durch die Entwicklung dieser Technologie neue Arbeitsplätze entstehen. Auf der anderen Seite sprechen wir meiner Meinung nach viel zu wenig darüber, wie die Zukunft für Menschen aussieht, die bisher beruflich Texte produziert oder Bilder geschaffen haben.
Schon 2023 war abzusehen, dass die neuen Sprachmodelle Tätigkeiten wie Programmieren, Datenanalyse und Schreiben langfristig wenigstens zum Teil übernehmen werden. Bereiche, in denen kritisches Denken erforderlich ist, würden weniger betroffen sein.
2025 ist der Effekt schon nachweisbar. Für Berufe, die durch KI erledigt werden können, sind die Ausschreibungen für diese Stellen deutlich zurück gegangen. Diesen Effekt auf den Arbeitsmarkt müssen wir bei der Kostenersparnis durch günstige Illustrationen gegenrechnen.
Die Klimakosten
Auch wenn das Bundesumweltministerium in dieser neuen Technologie Chancen für den Klimaschutz sieht: Das Training und die Verarbeitung von Anfragen sind sehr energieintensiv. Die benötigten Serverfarmen planen eine Klimaneutralität zwischen 2030 und 2040, wobei die Umsetzung abzuwarten ist.
Snopes bestätigte noch im Januar 25, dass eine ChatGPT-Anfrage im Vergleich zu einer Googleanfrage die zehnfache Strommenge benötigte. Außerdem braucht die Kühlung der Serverzentren große Mengen Wasser.
Auch diese Folgekosten müssen wir in die Bilanz mit einbeziehen.
Deep Fakes und Desinformation
Mit steigender Qualität der künstlich erzeugten Texte und Bilder steigt das Risiko von absichtlicher oder versehentlicher Falschinformation. Aktuell sehe ich keine ausreichende Medienkompetenz oder kritische Haltung bei der Mehrheit der Bevölkerung.
Je mehr Platz wir der KI in unserem Leben einräumen, umso genauer müssen wir aber hinsehen, was Quelle und Wahrheitsgehalt von Nachrichten angeht.
Vorteile
Einsatz in Wissenschaft und Forschung
KI-Programme können in kurzer Zeit große Datenmengen verarbeiten. Damit sind sie ein potenziell mächtiges Werkzeug in der Forschung. Sinnvolle Einsatzgebiete sind wiederholende und zeitraubende Aufgaben wie zum Beispiel die Recherche in der Literatur und Datenanalysen, aber auch Simulationen.
Wichtig ist, dass wir immer die oben beschriebenen Halluzinationen im Auge behalten und dass letztlich Menschen die Verantwortung für die Integrität der Ergebnisse übernehmen.
Erzeugung von Texten und Bildern
Abgesehen von den Folgekosten ist es mit Hilfe künstlicher Intelligenz möglich, schnell und auf den ersten Blick extrem kostengünstig, Bilder und Texte zu erzeugen.
Das ist teils einfach unterhaltsam, außerdem günstig besonders für kleine Unternehmen mit wenig Kapital, die sich online gegen mächtige Konkurrenz behaupten müssen.
Barrierefreiheit
Sprachmodelle verfassen Beschreibungen, die Blinden Zugang zu Onlinebildern ermöglichen. Außerdem erleichtern sie Übersetzungen und Rechtschreibkorrekturen von Texten.
So können Menschen mit unterschiedlichen Voraussetzungen gleichermaßen am Onlineaustausch teilnehmen.
Welche Konsequenzen ziehe ich?
Ich schreibe in diesem Blog 100% selbst. Dafür nehme ich es in Kauf, dass ich seltener poste. Die gefühlte Zeitersparnis sehe ich als weniger relevant als die Abhängigkeit, in die ich mich begeben würde, ließe ich mir Texte schreiben.
Recherche ist etwas, das mir Spaß macht. Das würde ich entsprechend auch keiner KI übergeben. Zusätzlich bin ich aus Erfahrung skeptisch, was die faktische Zuverlässigkeit angeht.
Auch meine Beitragsbilder mache ich selbst. Sie sind ein Ausdruck meiner individuellen Persönlichkeit, so unperfekt und vielleicht manchmal seltsam sie sind. Wenn ich auf Blogs Anderer offensichtliche KI-Bilder sehe, scrolle ich wegen des unbehaglichen Effekts meistens schnell daran vorbei. Privat hoffe ich sehr, dass diese Phase wieder vorbei geht.
Wenn ich wirklich keine Zeit oder Lust habe, selbst etwas zu photographieren, gibt es immer noch Bildersammlungen wie Pixabay, Unsplash, Pexels, FreeImages und FreePik.
Welcher Nutzen bleibt übrig? Es ist vermutlich aus SEO-Sicht hilfreich, sich Überschriften vorschlagen zu lassen. Aber selbst das vergesse ich in meinem Blogalltag. Wenn ich schon die Recherche, das Schreiben und die Bilder selbst erledigt habe, kann ich auch die Überschriften alleine formulieren 😀 Allerdings habe ich auch kein Onlinebusiness und muss mich Googles Ansprüchen weniger unterwerfen.
Für mich hat das Thema neben der Kreativität auch viel mit Unabhängigkeit zu tun. Zusätzlich zu den negativen Auswirkungen auf das Urheberrecht, den Arbeitsmarkt und den Planeten bin ich am Ende einfach nicht bereit, mich von Menschen abhängig zu machen, die ansonsten mit Recht „Tech-Bros“ genannt werden. Genauso wie ich aus guten Gründen Meta den Rücken gekehrt habe.
Es ist verführerisch, wie viel Zeit und Aufwand mit KI gespart werden kann. Und es ist wie mit Filtern auf Instagrambildern: Scheinbar alle machen mit, weil scheinbar alle mitmachen. Und gleichzeitig haben wir die Freiheit, uns Kreativität nicht aus den Händen nehmen zu lassen.
Ein Nachtrag: John Oliver mit seinem Segment aus „Last Week Tonight“ zum Thema „AI Slop“ (YouTube-Link) spricht mir sehr aus der Seele.
Was meinst du?
Überwiegen für dich die Vorteile oder die Nachteile? Wie wirken KI-Bilder auf dich? Siehst du deine berufliche Zukunft in Gefahr?
Verwendest du KI beim Bloggen oder in anderen kreativen Projekten? Wie siehst du den Zusammenhang zwischen KI und Kreativität?
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